Vor fast zwei Monaten, erschien der Artikel „Wem gehören die Bilder?“ auf kunstrechtblog.de. Der Artikel beschäftigte sich mit dem Wiederauftauchen zwei Gemälde von Hans Marsilius Purrmann. Die Ölgemälde waren im Besitz eines Großhändlers und der Enkel Purrmanns wollte diese wieder zurück haben. Die Debatte heizte die Frage an: „Wem gehören die Bilder heute?“, sodass sich der Bundesgerichtshof (BGH) zum Umgang mit gestohlener Kunst positionieren musste.
In diesem konkreten Fall entschied der BGH wie folgt und veröffentlichte diesbezüglich am 19.07.2019 eine Erklärung. Dort heißt es: Auch ein möglicherweise gestohlenes Werk kann nach 10 Jahren im Eigentum des Besitzers stehen. In einem Wort zusamen gefasst, beruft sich die BGH auf die Ersitzung.
Nachdem Urteil, äußerte sich die Senatsvorsitzende Christina Stresemann kritisch. Laut Stresemann und BGH-Richter, enthält jenes Urteil jedoch mehrere Rechtsfehler. Die dazu geeignet sind, «das Vertrauen in die Rechtsprechung leiden zu lassen». Denn das Oberlandesgericht (OLG) wollte dem Enkel nicht einmal glauben, dass die Bilder Originale sind und gestohlen wurden. Folgerichtig merkt die Senatsvorsitzende Christina Stresemann an, dass dieses Dilemma einzig vom Gesetzgeber gelöst werden kann und muss. Nach der Kritik, gibt es folglich den Versuch etwas zu ändern. Doch vorab was bedeutet Ersitzung und was ist hierfür die rechtliche Voraussetzung?
Die Ersitzung schafft die rechtlichen Voraussetzungen
Nach § 937 BGB erwirbt derjenige, der eine Sache zehn Jahre im Eigenbesitz hat das Eigentum hieran. Dies gilt nicht, wenn er wusste, dass das Eigentum einem anderen zusteht oder dies später erfährt.
Vereinfacht ausgedrückt gilt im Zivilprozess Folgendes: Jede Partei muss die für sie günstigen Tatsachen beweisen. Günstig für den Beklagten ist hier die Ersitzung. Er muss daher beweisen, dass er die Gemälde zehn Jahre im Eigenbesitz hatte. Günstig für den Kläger hingegen ist die gegenteilige Tatsache, dass der Beklagte Kenntnis von dem Diebstahl hatte oder nachträglich erlangte. Dies müsste dementsprechend der Kläger beweisen. Diese Grundsätze bestätigte nun auch der BGH, indem die Richter ausführten, dass sie auch gelten, wenn das Kunstwerk gestohlen wurde. Hierfür sei die Ersitzung gerade geschaffen worden. Sie soll ein dauerndes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum verhindern. Der BGH führte weiter aus, es gäbe keine Pflicht für Laien, Nachforschungen bei dem Erwerb eines Kunstwerks zu treffen. Etwas anderes gelte nur, wenn besondere Umstände beispielsweise einen Diebstahlsverdacht begründen.
Gesetzesänderungen geplant
Durch die Regelung der Ersitzung, erhoffte sich das Rechtssystem einen anhaltenden Rechtsfrieden. Da, die Ersitzung ein dauerndes Auseinanderfallen von Besitz und Eigentum impliziert.
Zur Vermeidung zukünftiger Ungerechtigkeiten, sind seit 2015 einige Änderungen des Gesetzes geplant. Diese sind in Form eines Entwurfes „zur erleichterten Durchsetzung der Rückgabe von abhanden gekommenen Kulturgut“ bereits niedergeschrieben. Sie betreffen insbesondere eine Vereinfachung der Rückerlangung gestohlener Kunstwerke. Die Ersitzung solle danach nur wirksam sein, wenn der „Ersitzer“ eines entzogenen Kulturgutes, den Beweis seines guten Glaubens erbringt. Wie sich die geplanten Änderungen entwickeln, bleibt abzuwarten.