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Urteil Kunstmüll – Wem gehört Gerhard Richters Müll?

©omgkingue_Kunstmüll

Wie groß wohl die Kunstleidenschaft sein muss, wenn man sich durch einen Altpapiercontainer wühlt? Das Kölner Amtsgericht urteilte über einen 49-jährigen, der Skizzen aus der Altpapiertonne des berühmten Gerhard Richter entnommen hatte. Somit beschäftigte sich das Amtsgericht mit folgenden Fragen. Erstens, ist es Diebstahl, den Müll anderer Leute mitzunehmen? Und zweitens, wem gehört eigentlich der Müll? Mit anderen Worten und in Bezug auf diesen Fall: Wem gehört Gerhard Richters Müll?

Gerhard Richter wird als einer der wichtigsten Künstler der Gegenwart gehandelt. Seit 2013 wird der Kunstkompass von unter anderem Gerhard Richter geführt. Seine Werke zählen zu den teuersten eines lebenden Künstlers, sodass selbst die Skizzen die im Müll landeten immerhin noch einen Wert von über 60.000 Euro haben.  

Die Skizzen um die es sich bei diesem konkreten Fall handelt, wurden von Künstler Gerhard Richter an einem Julitag entsorgt. Da er diese als „misslungen“ empfand,  kamen sie nicht nur in den Altpapiercontainer, sondern wurden für die Müllabfuhr bereitgestellt.

Kunstmüll und Kunstmarkt

Laut dem 49-Jährigen Angeklagten, waren Richters Papiertonnen, wegen eines Sturms umgekippt. Auf den Weg zurück, er hatte zuvor versucht den Richters eine Kunstmappe anzubieten, vielen ihm die Papiertonnen auf. Daraufhin hob er sie wieder auf und nahm einige Bilder an sich. Angeblich war er sich keiner Schuld bewusst. Anschließend versuchte er zwei der Skizzen, ein Jahr später in einem Münchener Auktionshaus zum Kauf anzubieten. Auch mit dem Gerhard-Richter-Archiv in Dresden trat der Angeklagte in Kontakt. Dort behauptete er gegenüber dem Leiter des Archivs, Dietmar Elger, dass er drei Skizzen vom Künstler geschenkt bekommen habe. Allerdings zweifelte Dietmar Elger an der Wahrhaftigkeit der Skizzen. „Es kam mir von Anfang an komisch vor, weil solche Skizzen niemals Richters Atelier ohne Rahmung und Signatur verlassen hätten“

Trotz fehlender Signatur und Rahmung, wurde der vorläufige Wert der Müll-Skizzen von der Staatsanwaltschaft Köln auf 60.000 Euro geschätzt. Laut den Experten sind die Skizzen auf dem Kunstmarkt nicht verkäuflich. Nichtsdestotrotz muss der Dieb eine Geldstrafe zahlen.

Urteil über Kunstmüll

Laut dem Amtsgericht Köln handelte es sich bei jener Tat um Diebstahl. Obwohl die Bilder auf der Straße gelegen haben, waren die Skizzen dennoch Eigentum des Künstlers. Folglich verurteilte das Kölner Amtsgericht ihn wegen Diebstahls zu einer Geldstrafe. Denn der Künstler sei auch noch in Bezug auf seinen Müll der Eigentümer, egal ob die Skizzen drinnen, drunter oder neben dem Altpapiercontainer liegen. Die Tatsache, dass der Maler sie an einen Entsorgungsbetrieb zum Zwecke der Entsorgung übergeben hat, ändere nichts.  Somit gesteht das Amtsgericht Köln dem Künstler das Recht auf sein eigenes Werk zu, darunter versteht sich auch die Entscheidung der Vernichtung eigener Werker. Trotzdem, selbst misslungen Erklärte Kunst kann einen Wert erlangen– gerade, weil es verworfen wurde. Richter selbst hat kein persönliches Interesse an der Verurteilung des Anklagten. Vielmehr möchte er dass die Zeichnungen wie ursprünglich beabsichtigt vernichtet werden.

Daraus folgt, wenn man Skizzen aus den Müll von Gerhard Richter entfernt, hat man trotz allem eine Straftat begangen.