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Der Fall Banksy und seine rechtlichen Auswirkungen

 

Der Fall Banksy und seine rechtlichen Auswirkungen 

Bei einer Versteigerung in London im Oktober letzten Jahres wurde das Kunstwerk „Girl with Balloon“ von dem bekannten Künstler Banksy unter den Auktionshammer gebracht.

Unmittelbar nach dem Zuschlag wurde es, durch einen im Rahmen eingebauten Schredder, teilweise zerstört. Die Bieterin will das Kunstwerk trotzdem behalten. Zwar spielt deutsches Kaufrecht in dem konkreten Fall keine Rolle, da die Auktion in London stattfand. Würde man den Fall aber für deutsches Recht umwandeln, so stellen sich einige interessante kunstrechtliche Fragen, die im Folgenden näher ausgeführt werden sollen.

Das Kunstwerk wurde in dem Zustand verkauft, den es vor dem letzten Hammerschlag des Auktionators hatte. In diesem Moment ist der Kaufvertrag über das noch im einwandfreien Zustand befindliche Kunstwerk zustande gekommen.  Deshalb könnte man annehmen, dass eine mangelfreie Übergabe des Kunstwerkes an den Käufer nicht mehr möglich war. Das Bild war zur Hälfte geschreddert und die einzelnen feinen Streifen ragten aus dem Bilderrahmen, so dass auch eine Reparatur das Bild nicht mehr in seinen ursprünglichen Zustand hätte versetzen können. Darüber hinaus ist auch eine Nachlieferung ausgeschlossen, da es sich um das Original handelte, welches ein Unikat ist. Damit läge eine nachträgliche objektive Unmöglichkeit mit der Folge vor, dass der Verkäufer von seiner Primärleistungspflicht befreit ist. Für den Käufer würde das bedeuten, dass er nach § 437 Nr. 2 BGB zurücktreten kann und das Kunstwerk erst gar nicht entgegennehmen und den Preis zahlen muss. Er könnte aber auch direkt Schadensersatz verlangen. Voraussetzung dafür ist aber, dass das Auktionshaus den Mangel auch zu vertreten hat. Das Auktionshaus Sotheby’s aber bestreitet, von der Aktion Kenntnis gehabt zu haben.

Oder kann es auch sein, dass durch die Schredderaktion überhaupt kein Sachmangel vorliegt, sondern der Käufer ein wertvolleres Werk erhält? Könnte Banksy dann sogar mehr Geld verlangen oder den Kaufvertrag anfechten? Das ginge nur, wenn er sich über wertbildende Eigenschaften des Kunstwerks geirrt hätte. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses allerdings lag kein Irrtum vor, da die Wertsteigerung erst nach dem Zuschlag und vor den Augen Publikums stattfand. 

Eine weitere Möglichkeit stellt die Annahme dar, dass die Zerstörung zu dem Werk dazugehört und somit überhaupt kein Mangel vorliegt. Banksy selbst erklärte unmittelbar nach der Auktion, dass er das Schreddern jahrelang geplant habe, so dass möglichweise gar kein neues Kunstwerk entsteht, sondern es sich noch um dasselbe handelt.  Die Käuferin allerdings erwarb das Bild im Glauben daran, es so zu erhalten, wie es für jedermann erkenntlich war, also als Ganzes, so dass sich die Frage stellt, ob dies etwas ändert oder ob die Intention des Künstlers ausreichend ist. Dieser wusste davon und erstellte sein Kunstwerk genau so, so dass die Schredder-Aktion somit auch einen vom Künstler intendierten Transformationsprozess darstellen kann und mithin keine Zerstörung vorliegt. 

In unserem nächsten Artikel befassen wir uns mit Überlegungen zur Frage des Sachmangels in der Kunst am Beispiel Banksy’s “Girl with Balloon”.

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