„Wenn mich jemand fragt: du kannst es doch einfach haben, du kannst doch im Atelier malen, kannst Kaffee trinken, Kuchen essen und dann wieder ein Bildchen malen. Kommt überhaupt nicht in Frage. Ich bin der Mensch, ich muss das hautnah erfahren. Dazu zählt dann auch, dass man die Hitze spürt und das Erleben weitergibt – das in das Bild hineingibt.“
Ulrike Arnold bringt in ihren Werken Himmel und Erde zusammen – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie reist seit 37 Jahren um die ganze Welt und schafft abstrakte Werke mit Meteoritenstaub sowie Erde und Gestein an dem Ort, an dem sie diese findet – sei es Island oder Yucatan. Alles, was sie benötigt, besorgt sie vor Ort: die Leinwand, Zutaten für ihr spezielles Bindemittel und auch sonst alles, das zur Entstehung ihrer Werke notwendig ist. Fast immer arbeitet sie in situ – auch unter extremen Wetterbedingungen, etwa in der Wüste. Inspiriert ist sie hierbei von der Höhlenmalerei, dem Anfang jeglicher Kunst.
Wir haben Ulrike Arnold in ihrem Atelier in der Düsseldorfer Innenstadt besucht und einige Fragen zu ihrer faszinierenden Kunst gestellt.
Frau Arnold, wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?
„Die Kunst ist sehr natur- und erdverbunden, weil ich ja wirklich vor Ort arbeite. Ich suche einen magischen Ort, an dem ich arbeite und dann nur das Material sammle. Es ist also etwas sehr Archaisches, ich bin immer draußen in der Natur. Jeder Moment der Kreation ist wichtig, weil es abstrakt ist und immer wieder neue Einflüsse entstehen – etwa das Wetter. Der Moment zählt und das finde ich faszinierend. Ich will nichts abbilden, sondern ich will versuchen, den Moment, wie er da ist, zu erfassen. Sagen wir mal, einen Ort in der Wüste in Utah, der einen magischen Eindruck auf mich macht, da gehe ich hin. Dann grabe ich Erde und Gestein ab, zerstoße das, mische es mit Bindemittel und damit male ich vor Ort auf Leinwänden. Und das ist für mich der Ausdruck oder die Essenz des Ortes, so wie er sich für mich darstellt, durch meine Augen gesehen, aber mit dem authentischen Material nur von dort, nicht mit irgendwelchen künstlichen Farben gemischt. Wenn dann der große Regen kommt, lasse ich den Regen über die Bilder laufen. Das gibt Strukturen des Zufalls, die ich einbaue. Ich liebe den Zufall und das kommt im Moment, je nachdem, was für ein Wetter ist.
Alles ist abstrakt, wobei der Betrachter manchmal irgendwelche Dinge zu sehen scheint, wie ein Gesicht, einen Geist oder eine Körperform. Das bleibt dem Betrachter überlassen, das ist nicht beabsichtigt. Für mich sind das abstrakte Landschaftsporträts oder man kann auch sagen, Momente festgehalten. Wie eine Tagebuchnotiz.
Die Werke sehen ein bisschen aus wie ein Blick aus zehntausend Metern Höhe, aus dem Flugzeug, oder aus der Vogelperspektive. Genauso vorstellbar ist jedoch ein Blick durch das Mikroskop. Die Werke haben dadurch das Element Mikrokosmos – Makrokosmos.“
Wenn Ihre Werke den Kontext der Natur verlassen und vor einer weißen Wand hängen, finden Sie das merkwürdig?
„Nein, überhaupt nicht. Ich bringe ein Stück Wüste mit und dann hängt das eben in einer ganz modernen Umgebung. Das ist wie ein Blick aus dem Fenster in die Natur, bloß wenn man hier in Düsseldorf aus dem Fenster guckt, ist es natürlich eine andere Natur. Ich habe für ein großes Hotel in der Wüste in Utah einen Auftrag bekommen, das heißt Amangiri. Das ist ein Wüstenresort und dafür habe ich riesige Bilder kreiert, fünf Meter lang. Die Bilder sehen so aus, als würde man durch ein Fenster in die Natur gucken.
Die Bilder sind meistens nicht gerahmt. Es ist wie eine Erdhaut, die vor einer Wand fließt, gerade in modernen Räumen finde ich das hervorragend. Ich bringe ein Stück Wüstenerinnerung mit.“
Da Ihre Bilder nicht gerahmt sind, haben Sie Angst, dass sie nicht gut geschützt sein könnten?
„Nein. Ein Konservator im Museum fragt direkt: Wie hält das Bild denn? Das Bindemittel habe ich testen lassen, das hält optimal. Die Erde hat schon Millionen Jahre gehalten, das weiß ja jeder. Auch wenn da die Sonne darauf scheint, ist das kein Problem, das wird nicht fade oder lichtschwach. Die Farbe bleibt so. Auch wenn ich das in den Regen halte, passieret nichts.
Glas würde ich nicht vor die Bilder tun, wobei manche Leute natürlich alles schützen wollen. Es muss allerdings keinen Rahmen haben, selbst Staub kann man einfach mit einem feuchten Tuch abwischen. Das Wichtige ist, dass das für mich eine Haut ist. Also wenn es sich jemand rahmen lassen will, dann kann er das ja in eine Box frei hängen, dass das da drin schwebt, um diesen Haut-Charakter zu erhalten.“
Der Schutz Ihrer Werke im ideellen Sinne ist Ihnen jedoch wichtig – Sie sind Mandantin der Rechtanwaltskanzlei vom Berg und Partner. Was sind Ihre Beweggründe?
„Mich interessiert zum Beispiel, wenn man jetzt stirbt, was passiert mit der Kunst – macht man eine Stiftung daraus? Wie funktioniert das, wie kann man die Kunst schützen und wie geht es weiter? Wie ist das mit dem Wert der Kunst? Und man will ja nicht vergessen werden, wenn man auf einmal nicht mehr da ist. Die Bilder sind etwas, das man geschaffen hat, wie Musik von Mozart. Daran haben viele Freude und das kann weiterhin existieren. In dieser Hinsicht wäre es schön, dass die Bilder in Ausstellungen oder Sammlungen zu sehen sind. Wie ist das mit dem Wert für die Erben, oder wenn man eine Kunstversicherung braucht? Das Bild ist ja noch nicht verkauft. Es hängt hier. Was ist, wenn plötzlich ein Brand ausbricht und diese ganzen Geschichten.
Diese Thematik interessiert einen vor allem dann, wenn man keine Kinder hat.
Da muss sich ja jemand drum kümmern, der Ahnung hat. Das muss eine Mischung sein aus Recht und Kunst.
Das ist alles doch ganz schön wichtig und ich finde es auch fantastisch, dass Frau vom Berg sagt, ich habe hier ein Spezialthema und aus dem Grund stellen wir jetzt ab und zu Künstler vor, das finde ich prima.“
Zur Zeit ist ein Werk von Ulrike Arnold im Museum Kunstpalast in Düsseldorf zu bewundern und auch zu erwerben. „DIE GROSSE Kunstausstellung NRW Düsseldorf 2017“ zeigt Arnolds „Five Continents“, noch bis zum 12. März.
„Es sind alle fünf Kontinente vertreten. Dieses Bild ist außerhalb der Reihe im Atelier entstanden. Ich habe auf Keilrahmen gezogenen Leinwände genommen und pro Bild einen Kontinent und eine Farbe ausgesucht. Das strahlende Blau, Azurit, ist aus Utah. Der Meteoritenstaub ist allen Bildern gemein. Für Asien habe ich ein Grün aus Armenien ausgesucht und für Afrika habe ich aus Assuan das Gelb, also Ägypten, und für Australien habe ich dieses geheimnisvolle Rot. Ich war dort bei den Aborigines und habe es aus einer Höhle abgegraben. Im Zentrum dieses Bildes, das in Form eines Kreuzes im Museum hängt, habe ich ein Grau aus Island gewählt, das ist repräsentativ für Europa.
Das ist im Zentrum des Kreuzes, im Mittelpunkt des Geschehens.