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Eilantrag zur Untersagung der Öffnung kultureller Einrichtungen

Kunstrecht Blog Eilantrag zur Untersagung der Öffnung kultureller Einrichtungen

Mit Beschluss vom 20. Mai 2021 (1 BvR 928/21) entschied das Bundesverfassungsgericht über eine Verfassungsbeschwerde und einen Eilantrag gegen die Untersagung der Öffnung kultureller Einrichtungen nach § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in der Fassung des Vierten Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen.

Die Verfassungsbeschwerde wurde bereits nicht zur Entscheidung angenommen, da eine Grundrechtsverletzung aus Sicht des Bundesverfassungsgerichts nicht substantiiert dargelegt wurde.

 

Initiative „Aufstehen für die Kunst“

Beschwerdeführer der Verfassungsbeschwerde waren Interpretinnen und Interpreten klassischer Musik und Mitglieder der Initiative „Aufstehen für die Kunst“. Sie rügten die Verletzung der Kunstfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG) und des Gleichheitsgebots (Art. 3 Abs. 1 GG) durch die Untersagung der Öffnung kultureller Einrichtungen.

Die Künstler stellten sich auf den Standpunkt, dass durch das Verbot von Konzerten und Aufführungen praktisch ein Kunstausübungsverbot bestehe, da kein Publikumsverkehr zugelassen sei. Die fehlende Interaktion mit Zuschauern nehme ihrer Kunstausübung einen wesentlichen Aspekt.

Insbesondere die alleinige Anknüpfung an den Inzidenzwert wurde angegriffen, da mittlerweile zahlreiche Studien vorlägen, die einen Veranstaltungsbetrieb mit Publikum ohne Verursachung einer erheblichen Infektionsgefahr für möglich erklären. Belüftete Veranstaltungsstätten und die Einhaltung eines Hygiene- und Schutzkonzeptes würden dies ermöglichen.

Zudem wurde angeführt, dass durch den Gesetzgeber keine ausreichende Abwägung der Grundrechte des Schutzes von Leben und Gesundheit mit dem der Kunstfreiheit durchgeführt wurde. Ein schlichter Hinweis auf das Infektionsgeschehen reiche dafür nicht aus.

Schließlich rügten die Beschwerdeführer die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG, da für Gottesdienste oder Veranstaltungen im wirtschaftlichen Bereich Regelungen getroffen wurden, die einen Publikumsverkehr unter Einschränkungen zulassen.

 

BVerfGG sieht keine Verletzung der Kunstfreiheit

Die Verfassungsrichter sahen in dieser Argumentation keine Darlegung einer Verletzung der aufgeführten Grundrechte durch das Infektionsschutzgesetz.

Zwar sei zunächst der Schutzbereich der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG eröffnet, die Beschwerdeführer hätten aber nicht dargetan, dass eine ausreichende Beachtung der Bedeutung der Kunstfreiheit durch den Gesetzgeber nicht vorgenommen wurde (Rn. 16).

Der Gesetzgeber verfolge mit dem Infektionsschutzgesetz das Ziel, Leben und Gesundheit der Menschen und die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems zu schützen.

Dass diese Ziele im Falle einer Öffnung des Kulturbetriebs – auch bei Einhaltung eines Hygienekonzeptes – mit Sicherheit ausgeschlossen sind, hätten die Beschwerdeführer nicht hinreichend dargelegt (Rn 19).

Insbesondere würden sich die von den Künstlern angeführten Studien nicht auf den zum Entscheidungszeitpunkt bestehenden Inzidenzwert beziehen und sei deshalb nicht aussagekräftig.

Durch die Annahme des Gesetzgebers, bei einer Inzidenz von über 100 bestehe die Gefahr einer Überlastung des Gesundheitswesens, bestehe eine nachvollziehbare Grundlage für die Einschränkung des Grundrechts der Kunstfreiheit (Rn. 21).

Mildere, gleich wirksame Mittel seien nicht ersichtlich und von den Beschwerdeführern auch nicht vorgebracht.

Zudem sei eine Besserung für die Sommermonate zu erwarten, es sei nicht ersichtlich, warum ein Abwarten des derzeitigen Zustands nicht noch einige Monate auszuhalten sei.

Schließlich lehnen die Verfassungsrichter auch eine Verletzung des Art. 3 Abs. 1 GG ab, da eine Ungleichbehandlung gegenüber der Durchführung von Gottesdiensten nicht aufgezeigt worden sei. Die Sachverhalte seien bereits nicht miteinander vergleichbar, insbesondere seien Teilnehmer eines Gottesdienstes selbst Träger der Glaubensfreiheit nach Art. 4 GG, während Teilnehmer einer Kunstveranstaltung regelmäßig nicht Träger der Kunstfreiheit seien (Rn. 35).

 

Hohe Hürden für Verfassungsbeschwerde

Mit dieser Argumentation legt das Bundesverfassungsgericht hohe Hürden für Verfassungsbeschwerden gegen das Infektionsschutzgesetz. Insbesondere der Maßstab, dass Beschwerdeführer darlegen müssen, dass Kulturveranstaltungen überhaupt keine Gefahren bezüglich einer Ansteckung zwischen den Teilnehmern darstellen, wird kaum zu führen sein.

Insbesondere den Vorwurf, der Gesetzgeber argumentiere nur unter Zugrundelegung des Inzidenzwertes, kann durch diesen Beschluss nicht entkräftet werden.

Mit der Möglichkeit, ob Kulturveranstaltungen nicht unter Zugrundelegung strenger Hygiene- und Schutzkonzepte und einem speziellen Belüftungssystem möglich wären, setzt sich die Entscheidung nicht detailliert auseinander.

 

Fragen?

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Gerne können Sie uns auch im Rahmen der digitalen Sprechstunde, veranstaltet durch das Landesbüro für bildende Kunst, www.labk.nrw, kontaktieren.