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Street Photography als Kunstwerk

Street Photography von Michael Gaida

Street Photography von Michael Gaida

Straßenfotografie bzw. Street Photography galt rechtlich lange als Streitthema. Die dahinterstehenden Fragen: Ist Street Photografie Kunst? Und was wiegt schwerer: das Kunstrecht oder allgemeine Persönlichkeitsrechte?

Inzwischen herrscht mehr Klarheit: Das Bundesverfassungsgericht erkennt Street Photography als Kunstwerk und damit die Straßenfotographie als Kunstform an. Somit bestätigt, dass Bundesverfassungsgericht die bisherige Rechtsprechung zum Thema Spannungsverhältnis zwischen Kunstrecht und allgemeinem Persönlichkeitsrecht. 

 

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes

Zu dieser Entscheidung gelangte das Bundesverfassungsgericht am 8. Februar 2018 (Az.: 1 BvR 2112/15). Auch Straßenfotografie sei eine Kunstform, welche gerade davon gespeist wird bestimmte Realitätsausschnitte unverfälscht wiederzugeben.

Grund zu dieser Entscheidung ist die Verfassungsbeschwerde einer Passantin. Denn im Rahmen der öffentlichen Ausstellung in Berlin, „Ostkreuz: Westwärts, Neue Sicht auf Charlottenburg“, war sie auf mehreren Fotografien im Großformat abgebildet. Die Fotografien stammen von dem Fotografen Eichhöfer.

Das streitgegenständliche Foto zeigt eine Straßenszene, die unweit des Ausstellungsortes aufgenommen worden war. Im Mittelpunkt der Aufnahme steht die Beschwerdeführerin des Verfahrens. Sie hält eine Handtasche in der einen, sowie eine Plastiktüte in der anderen Hand und überquert an einer Ampel die Straße. Sie trägt dabei ein Kleid mit Schlangenmuster und ihr Körper nimmt etwa ein Drittel des Bildes ein. Die Beschwerdeführerin scheint zugleich in die Kamera zu blicken und ihr Gesicht ist gut erkennbar, auch wenn die Oberkante des Fotos auf Stirnhöhe endet. Das ausgestellte Street Photography Foto nahm die gesamte Fläche einer einzelnen Ausstellungstafel (120 x 140 cm) ein.

 

Persönlichkeitsrechte vs. Kunstfreiheit

Die Beschwerdeführerin rügt die Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechtes. Denn sie ist gut erkennbar und großformatig ohne ihre Einwilligung im Rahmen der Berliner Ausstellung abgebildet worden. Der angegriffene Künstler und Fotograf dagegen, beruft sich auf seine durch Art. 12 GG geschützte Kunstfreiheit. Diese Kunstfreiheit ist jedoch nach der Konzeption des Grundgesetzes nicht schrankenlos gewährleistet, sondern in Einklang mit den geltenden Rechten, so auch dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht und dem Recht am eigenen Bild zu bringen.

Das Bundesverfassungsgericht hat bereits in der Vergangenheit eine Art Sphärentheorie entwickelt. Diese konkretisiert bei einer Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht klar umgrenzte Indikatoren, welchem Grundrecht im Einzelfall der Vorrang einzuräumen ist. Eine Abwägung im Einzelfall hat jedoch stetig zu erfolgen. Die Sphärentheorie ist dabei derart ausgestaltet, das der allgemeine Persönlichkeitsbereich in eine Sozialsphäre, Privatsphäre und Intimsphäre eingeteilt wird. Innerhalb der Sozialsphäre, dem öffentlichen Raum, werden geringe Schutzanforderungen an das allgemeine Persönlichkeitsrecht gestellt. Im Gegensatz zur Intim- und Privatsphäre, die durch ein besonders hohes Maß an Diskretion und Rückzugsmöglichkeit gekennzeichnet ist. Denn ein sich in der Öffentlichkeit befindlicher Mensch, weiß dass sein Verhalten und seine Handlungen für jedermann sichtbar sind, sodass sein Schutzniveau abgesenkt ist. Die genaue Grenzziehung, wann ein geschützter Bereich anfängt und wann er endet obliegt dabei richterlicher Würdigung.

 

Street Photography: Eine grundrechtlich geschützte Kunstform?

Das Bundesverfassungsgericht beschied diese Frage in dem obigen Beschluss positiv und stellte ausdrücklich klar, Kunst ist nicht nur auf bestimmte Ausstellungsorte wie Museen begrenzt, auch Street Photography ist eine Kunstform, dessen Medium der Formensprache gerade die bewusste Auswahl eines Realitätsausschnittes zeigt.

In Anwendung der oben dargestellten Sphärentheorie entschied das Bundesverfassungsgericht zugunsten des Künstlers. Ja, die abgebildete Beschwerdeführerin ist gut auf der Fotografie erkennbar und sichtbar. Doch handelt es sich bei der Abbildung um einen gewöhnlichen, öffentlichen und damit für jedermann sichtbaren Alltagsvorgang. Sprich, dem Passieren einer viel frequentierten Straße.

Es bleibt festzuhalten, dass die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes und das Recht am eignen Bild bei Fotographien nicht in jeder Lebenssituation gegeben ist, nur weil die betreffende Person ohne Einwilligung in künstlerischer Form abgebildet wurde. Entscheidend bleiben die Fragen, in welcher konkreten Situation die betreffende Person dargestellt wurde und ob diese eher der weniger zu schützenden Sozialsphäre und der verfassungsrechtlich besonders geschützten Privat- und Intimsphäre zuzuordnen ist.

Nutzen Sie also die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel klug, informieren Sie sich umfassend und wagen Sie sich heran und sammeln Sie, was Ihnen Spaß bereitet und verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl.

Fazit

Nutzen Sie also die Ihnen zur Verfügung stehenden Mittel klug, informieren Sie sich umfassend und wagen Sie sich heran und sammeln Sie, was Ihnen Spaß bereitet und verlassen Sie sich auf Ihr Gefühl.

Haben Sie weitere Fragen zum Thema Kunstrecht? Wir sind eine auf Kunstrecht spezialisierte Rechtsanwaltskanzlei und beraten Sie gerne bei all Ihren kunstrechtlichen Fragen. Schreiben Sie uns oder rufen Sie uns an. Unter vomberg.org finden Sie auch weitere Infos zu unserer Kanzlei und unseren anderen Rechtsgebieten: Sportrecht, Erbrecht und Nachlasspflegschaft.

Gerne können Sie uns auch im Rahmen der digitalen Sprechstunde, veranstaltet durch das Landesbüro für bildende Kunst, www.labk.nrw, kontaktieren.

 
 
 
 

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